Stuhlinkontinenz nach der Geburt

Die Geburt eines Kindes ist zweifellos ein Wunder und ein Grund zu größter Freude. Doch für viele Frauen bringt dieser lebensverändernde Moment auch unerwartete körperliche Herausforderungen mit sich. Durch die Belastung des Beckenbodens kann dieser so stark geschwächt werden, dass Frauen nach der Geburt Probleme bekommen, Urin oder Stuhl zu halten. Das Tabuthema Harn- oder Stuhlinkontinenz betrifft zahlreiche Frauen nach der Geburt, doch nur selten wird darüber gesprochen. In diesem Artikel möchten wir ausschließlich auf das Thema Stuhlinkontinenz eingehen. Du erfährst alles über die Ursachen von Stuhlinkontinenz nach der Geburt sowie Behandlungsmethoden, um dieses Problem zu bewältigen.

Bei 0,4 bis 7 Prozent der Geburten kommt es zu Dammrissen dritten oder vierten Grades, die bei 20 bis 50 Prozent der betroffenen Frauen eine Stuhlinkontinenz zur Folge haben.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt

Was genau versteht man unter einer Stuhlinkontinenz?

Stuhlinkontinenz bezieht sich auf den Verlust der Kontrolle über den Stuhlgang, was dazu führt, dass ungewollt Stuhl oder Darmgase abgehen. Es ist ein Zustand, bei dem die Fähigkeit, den Stuhlgang zu regulieren und zu kontrollieren, beeinträchtigt ist.

Stuhlinkontinenz kann viele Ursachen haben, darunter Darmerkrankungen, hormonelle Veränderungen, Nervenschäden oder die Schwächung der Beckenbodenmuskulatur. Letzteres tritt oft als Folge einer vaginalen Entbindung auf. Wie viele junge Mütter genau davon betroffen sind, ist schwer zu sagen, da es für viele Frauen eine starke emotionale Belastung bedeutet, über die lieber geschwiegen wird. Laut Deutschem Ärzteblatt haben ganze 23 % aller Mütter, die vaginal entbunden haben, Schwierigkeiten, den Urin zu halten. Rund 20-50 % der Mütter, die durch die vaginale Geburt einen schweren Dammriss erlitten haben, leiden nach dem Wochenbett an einer Stuhlinkontinenz. Betroffene sind also nicht allein mit ihren Problemen – eine große Zahl von jungen Müttern kämpft mit den Beschwerden einer Inkontinenz.

Wie kommt es zu einer Stuhlinkontinenz nach der Geburt?

Sowohl bei einer Harninkontinenz als auch bei einer Stuhlinkontinenz spielt der Beckenboden – im wahrsten Sinne des Wortes – eine tragende Rolle. Die Beckenbodenmuskulatur stellt den Boden der Bauchhöhle dar und unterstützt die Harnröhre, die Blase und den After in ihren Funktionen. Der Beckenboden ist ein trichterförmiges Muskelgeflecht, das trainiert werden muss, um nicht zu erschlaffen und seine Funktionen aufrechterhalten zu können.

Anders als beim Kaiserschnitt wird der Beckenboden bei einer vaginalen Geburt stark gedehnt, um dem Baby den Durchgang durch das Becken zu ermöglichen. Dies kann zu einer vorübergehenden Schwächung der Muskeln und des Bindegewebes führen. Die Die Aufgabe des Beckenbodens, nämlich Harnröhre, Blase und After zu unterstützen, wird so erschwert, dies kann u. a. zum Kontrollverlust über den Schließmuskel und so zu Stuhlinkontinenz führen.

Kommt es während der Entbindung zu einem Dammriss oder muss eine Episiotomie (ein Einschnitt im Damm) durchgeführt werden, um den Geburtskanal zu erweitern, können diese Verletzungen den Beckenboden zusätzlich schwächen und zu Stuhlinkontinenz führen.

Auch die Nerven, die für die Kontrolle des Schließmuskels verantwortlich sind, können während der Geburt geschädigt werden, sodass die Signale zwischen Gehirn und Schließmuskel gestört sind, was zu unkontrolliertem Stuhlabgang führt.

Zudem treten während der Schwangerschaft und nach der Geburt im Körper hormonelle Veränderungen auf, die auch den Darm und die Kontrolle über den Stuhlgang beeinflussen können.

Behandlungsmethoden: Wie wird Stuhlinkontinenz therapiert?

Gesellschaftlich sind Harn- und Stuhlinkontinenz immer noch Tabuthemen. Viele Frauen leiden im Stillen und bekommen bei Hebammen oder Geburtshelfern, Gynäkologen oder Gynäkologinnen oft nur die Auskunft, dass eine Inkontinenz nach der Geburt völlig normal sei. Umso wichtiger ist es, offen mit diesem Thema umzugehen und sich Rat bei medizinischem Fachpersonal einzuholen. Denn die gute Nachricht ist: Der Beckenboden verfügt über Reparaturmechanismen, sodass die Beschwerden vieler Frauen bereits einige Wochen nach der Geburt wieder nachlassen – jedoch nur mit der richtigen therapeutischen Begleitung durch einen Experten oder eine Expertin.

Beckenbodentraining:

Die erste und effektivste Methode gegen Stuhlinkontinenz nach der Geburt ist die Stärkung der Beckenbodenmuskulatur. Durch gezielte Übungen können die Muskeln gekräftigt und kann die Kontrolle über den Schließmuskel verbessert werden. Es ist ratsam, ein spezielles Beckenbodentraining unter Anleitung einer spezialisierten physiotherapeutischen Fachkraft zu absolvieren, um sicherzustellen, dass die Übungen korrekt ausgeführt werden.

Biofeedback-Therapie:

Bei der Biofeedback-Therapie werden elektrische Sensoren oder andere Messgeräte verwendet, um die Kontraktionen der Beckenbodenmuskulatur zu messen und visuelles oder auditives Feedback zu geben. Dies hilft der Frau, die Muskelaktivität bewusst wahrzunehmen und zu lernen, wie sie die Muskeln gezielt steuern kann.

Elektrostimulation:

Bei der Elektrostimulation werden elektrische Impulse verwendet, um die Beckenbodenmuskulatur zu stimulieren und zu kräftigen. Dies kann entweder durch externe Elektroden oder durch interne Sonden erfolgen. Die Elektrostimulation kann die Muskelkontraktionen unterstützen und die Kontrolle über den Schließmuskel verbessern.

Medikamente:

In einigen Fällen können Medikamente verschrieben werden, um die Symptome der Stuhlinkontinenz zu lindern. Diese Medikamente können helfen, den Stuhlgang zu regulieren oder die Schließmuskelfunktion zu stärken.

Chirurgische Eingriffe:

In schweren Fällen, in denen andere Therapien nicht erfolgreich waren, kann ein operativer Eingriff in Betracht gezogen werden. Es gibt verschiedene chirurgische Techniken, wie zum Beispiel die Verstärkung des Schließmuskels oder die Verwendung von künstlichen Schließmuskeln, um die Kontrolle über den Stuhlgang wiederherzustellen.

Das alte Sprichwort: „Die Zeit heilt alle Wunden“ scheint hier tatsächlich zu stimmen, denn zwei Monate nach der Geburt lässt sich laut Studien kein Unterschied mehr feststellen zwischen Frauen, die vaginal entbunden haben und dadurch möglicherweise unter einer Stuhlinkontinenz litten, und Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten und so möglichen Inkontinenz-Folgen entgehen konnten.

Hier findest du hilfreiche Infos und Tipps für einen starken Beckenboden:




Frequently asked questions
Inkontinenz – was hilft wirklich?