Wenn Du mit Deinen Falten leben kannst, Deine Blasenschwäche aber nicht hinnehmen willst, haben wir eine gute Nachricht: Niemand der etwa 10 Millionen Menschen in Deutschland, die laut Schätzungen der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e. V. unter Inkontinenz leiden, muss diese hinnehmen. Betroffen sind nicht nur ältere Menschen. Auch jüngere Menschen klagen immer öfter über eine Blasenschwäche: Etwa 10 Prozent der unter 20-Jährigen und 20 Prozent der 30-Jährigen haben einen unfreiwilligen Harnabgang – die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher. Das liegt daran, dass viele Patientinnen und Patienten den Gang in eine urologische Praxis scheuen. Dabei gibt es vielversprechende Möglichkeiten, Inkontinenz zu behandeln. Eine davon kann die lokale Behandlung mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin, kurz: Botox, sein. Denn viel wichtiger als ein faltenfreies Gesicht ist doch ein selbstbestimmtes Leben ohne Einschränkungen. Wie die Therapie funktioniert und für wen sie geeignet ist, erklären wir Dir in diesem Beitrag.
Mit Falten können wir leben, Botox nehmen wir trotzdem
Botulinumtoxin, besser bekannt als Botox, kennen wir im Zusammenhang mit Schönheits-Behandlungen, um Falten entgegenzuwirken. Doch es gibt weitaus relevantere medizinische Anwendungen, bei denen Botox zum Einsatz kommt und respektable Erfolge erzielt. So auch bei Inkontinenz – hier kann Botox helfen, die Symptome einer Reizblase zu lindern.
Du bist nicht allein!
Botox hemmt die Ausschüttung des Transmitterstoffs Acetylcholin.
Wirkmechanismus
Botox ist der Handelsname für das Neurotoxin Botulinumtoxin. Neurotoxine sind Giftstoffe, die die Funktion des Nervensystems beeinträchtigen. Diese Toxine können die normale Aktivität von Nervenzellen stören, indem sie die Signalübertragung blockieren. Um einen Muskel zu aktivieren, muss der dazugehörige Nerv den Transmitterstoff Acetylcholin ausschütten. So wird der Muskel dazu veranlasst, sich zusammenzuziehen. Botox hemmt die Ausschüttung dieses Transmitterstoffs. Dadurch kann sich der Muskel nicht mehr in der gleichen Intensität oder sogar überhaupt nicht mehr zusammenziehen, der Muskel entspannt sich auf diese Weise.
Botox in der Medizin
Botox ist den meisten von uns wohl aus der ästhetischen Medizin bekannt. Hier wird der Wirkstoff bei der Behandlung von Falten eingesetzt. Indem das Nervengift in bestimmte Gesichtsmuskeln injiziert wird, können sich diese entspannen. Dadurch lassen sich z. B. Zornesfalten zwischen den Augen, Stirnfalten oder „Krähenfüße“ neben den Augen glätten. Aber nicht nur im ästhetischen Bereich ist Botox ein guter Helfer, auch in der allgemeinen Medizin hat der Wirkstoff seine Daseinsberechtigung. Ärzt:innen verwenden den Wirkstoff, um unwillkürliche und abnorme Muskelbewegungen bei ihren Patientinnen und Patienten zu behandeln. Auch gegen chronische Migräne, Muskelzittern, Spastiken, Schielen oder Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen) kann das Neurotoxin eingesetzt werden.
Botox als Mittel gegen Blasenschwäche
Auch bei der Behandlung einer überaktiven Blase hat sich die Botox-Therapie bewährt und ist daher seit einigen Jahren für die Behandlung der Harninkontinenz zugelassen. Die Kosten werden somit von den Krankenkassen übernommen. Bei einer Botox-Behandlung wird das Nervengift an verschiedenen Stellen der Blase injiziert, genauer gesagt in die Detrusor-Muskulatur. Dabei handelt es sich um die Muskulatur, die an der Entleerung der Harnblase beteiligt ist. Daher spricht man auch von „harnaustreibenden Muskeln“.
Ist der Wirkstoff in der Blasenmuskulatur angekommen, bewirkt er dort eine vorübergehende Nervenblockade. Das führt dazu, dass sich eine überaktive Blase entspannt und Beschwerden wie ein häufiger starker Harndrang und Urinverlust nachlassen. Die Symptomatik der Dranginkontinenz lässt sich damit lindern. Eine einmalige Injektionsserie mit Botox in die entsprechende Muskulatur der Blase kann die Häufigkeit des Harnverlusts spürbar senken. Die Wirkung in der Harnblase kann variieren, beträgt jedoch normalerweise mehrere Monate. In der Regel wird die Wirkung nach sechs bis zwölf Monaten allmählich schwächer, da der Körper das Botulinumtoxin abbaut und die Muskulatur wieder aktiver wird.
Der gesamte Eingriff dauert in der Regel weniger als eine Stunde und ist schmerzfrei.
Vorgehen
Wichtig dabei ist, dass die Behandlung durch einen erfahrenen Arzt oder eine erfahrene Ärztin vorgenommen wird, der oder die sich auf die Behandlung mit Botox bei Blasenschwäche spezialisiert hat und die Therapie regelmäßig durchführt. Bei der Botox-Behandlung handelt es sich meist um einen ambulanten Eingriff, der unter örtlicher Betäubung oder leichter Sedierung vorgenommen wird. Die Botox-Injektion wird mithilfe eines Zystoskops (ein dünnes Instrument, das durch die Harnröhre in die Blase eingeführt wird) in die entsprechenden Stellen der Blasenwand gesetzt. Der gesamte Eingriff dauert in der Regel weniger als eine Stunde und ist schmerzfrei. Die Wirkung der Behandlung tritt meist bereits am Folgetag der Behandlung ein und bedeutet für viele die Rückkehr in ein normales Sozialleben.
Bitte bedenke, dass es sich in diesem Artikel um allgemeine Informationen handelt, die einen Besuch in einer urologischen Praxis oder einem Kontinenzzentrum nicht ersetzen können. Wende Dich also vertrauensvoll an einen Spezialisten oder eine Spezialistin.